Maigret 52 by Simenon

Maigret 52 by Simenon

Autor:Simenon
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-05T05:00:00+00:00


5

Eine Frau steht am Quai

G

erade als er mit Lapointe die Treppe hinuntersteigen wollte, kam Maigret eine Idee.

»Ich bin gleich wieder da. Warten Sie auf mich!« Und noch etwas unschlüssig begab er sich ins Inspektorenbüro. Seine Idee war die, daß einer seiner Männer Xavier Marton am Ausgang der Magasins du Louvre abpassen und beschatten sollte. Eigentlich wußte er nicht genau warum. Oder er rechnete vielmehr damit, daß allerlei passieren könnte. Zunächst war es Marton zuzutrauen, daß er es sich im letzten Moment anders überlegte, wie schon einmal, als er Maigrets Büro in dessen Abwesenheit verlassen hatte. Oder seine Frau, die ja zugegeben hatte, daß sie ihm in den vergangenen Tagen gefolgt war, konnte ihm durchaus erneut nachspionieren.

Falls sie ihm auf der Straße über den Weg lief, würde er dann nicht mit ihr gemeinsam in die Avenue de Châtillon fahren? Es gab auch noch andere Möglichkeiten. Und selbst wenn sich gar nichts ereignete, war Maigret nicht böse, wenn er erfuhr, wie sich der Verkäufer elektrischer Eisenbahnen bei diesem wichtigen Schritt benahm, ob er zögerte, ob er zum Beispiel unterwegs irgendwo haltmachte, um sich mit ein oder zwei Gläschen Mut anzutrinken.

Bei Janvier bestand die Gefahr, daß er wiedererkannt wurde. Ein anderer Inspektor im Einzeleinsatz, Lucas etwa, der zwar verfügbar war, aber Marton noch nie gesehen hatte, mochte ihn vielleicht anhand der Personenbeschreibung in der Menge der Leute, die herauskamen, nicht ausfindig machen.

»Lucas und Janvier! Flitzt alle beide zu den Magasins du Louvre! Wenn die Angestellten das Haus verlassen, soll sich Janvier ja nicht blicken lassen, sondern Lucas nur zeigen, wer Marton ist, und Lucas übernimmt dann allein die Beschattung.«

Lucas, der kaum Bescheid wußte, fragte:

»Glauben Sie, es wird lange dauern, wird er weit gehen?«

»Hierher wahrscheinlich.«

Und beinahe hätte er hinzugefügt:

›Benutzt bloß kein Taxi und macht keine Spesen!‹

Denn es existieren Verwaltungsvorschriften, die die Öffentlichkeit zwar nicht kennt, aber die für die Mitarbeiter der Kriminalpolizei mitunter sehr wichtig sind. Wurde ein Gewaltverbrechen oder eine sonstige Straftat begangen, und ermittelt die Polizei folglich aufgrund richterlicher Anordnungen, dann gehen die Spesen der Kommissare, Inspektoren und Techniker grundsätzlich zu Lasten des Schuldigen. Wird er nicht festgenommen, oder erklärt das Gericht den Festgenommenen im nachhinein für unschuldig, dann bezahlt das Justizministerium die Zeche.

Handelt es sich dagegen um eine Angelegenheit, mit der sich die Kriminalpolizei von sich aus befaßt, und gibt es am Ende weder ein Verbrechen noch einen Schuldigen, dann trägt die Präfektur, das heißt das Innenministerium, die Kosten.

Für die Polizeibeamten macht das aber einen riesigen Unterschied aus. Die Justiz, die immer meint, der Täter würde bezahlen, ist nicht allzu kleinlich, und im allgemeinen kommt es ihr auf ein Taxi mehr oder weniger nicht an. Die Präfektur nimmt die Belege dagegen genau unter die Lupe und fordert Rechenschaft für die nichtigsten Fahrspesen, die die Kasse Geld kosten.

Arbeitete Maigret in diesem Fall nicht darauf hin, daß es weder ein Verbrechen noch einen Schuldigen gab?

Das bedeutete also, daß er gar keine Spesenrechnung oder nur eine möglichst bescheidene Spesenrechnung vorlegen durfte, und er wußte auch, daß er, falls nichts geschah, den Einsatz seiner Männer würde rechtfertigen müssen.



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